In seiner Plenarsitzung am Mittwoch hat das Europäische Parlament mit großer Mehrheit für die strengere Regulierung von Ratingagenturen gestimmt. Damit reagiert das Parlament auf wiederholte Falschbewertungen der Kreditwürdigkeit von Staaten, Unternehmen und Finanzprodukten durch Ratingagenturen im Zuge der Finanz-, Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise. Zudem soll die dominante Marktstellung der drei größten Agenturen gebrochen werden, die zusammen 90 Prozent des Marktes ausmachen.

Die Neuordnungen werden das grobe Fehlverhalten einzelner Agenturen einschränken. Außerdem werden Ratingagenturen vor Gericht für ihre Bewertungen und deren Konsequenzen haftbar gemacht. Damit verbessert sich der Schutz für Anleger, deren Entscheidungen durch Bewertungen von Ratingagenturen beeinflusst werden.
Ratingagenturen haben in der Vergangenheit die Kreditwürdigkeit von EU-Staaten unmittelbar vor Regierungsgipfeln und Parlamentsentscheiden herabgestuft. Damit haben sie immense politische Macht ausgeübt, die ihnen nicht zusteht. Künftig sollen Ratingagenturen einen Mitgliedstaat nur bis zu dreimal im Jahr bewerten und müssen die entsprechenden Termine im Vorfeld festlegen. Ratings von EU-Staaten dürfen auch keine Empfehlungen oder Weisungen mehr für die nationale Politik enthalten

Um mehr Wettbewerb auf dem Ratingmarkt zu schaffen, sollen Ratingagenturen mit einem Marktanteil von über 20 Prozent künftig nicht mit anderen Ratingagenturen fusionieren dürfen. Kein Investor darf mit mehr als 5 Prozent an zwei verschiedenen Ratingagenturen beteiligt sein und nicht mit mehr als 10 Prozent an einer Ratingagentur, die ihn selbst bewertet. Die gravierenden Interessenskonflikte im Ratingmarkt müssen eingedämmt werden. Das beste Mittel für mehr Transparenz und Wettbewerb wäre die von Konservativen und Liberalen in Parlament und Ministerrat verhinderte unabhängige europäische Ratingagentur. Die Sozialdemokraten werden sich weiter für eine solche EU-Ratingagentur einsetzen.