Handelsausschuss stimmt für spürbare Verschärfung der Anti-Dumping-Regeln

hmk. BRÜSSEL, 20. Juni.

"Bekenntnisse zum freien Handel gehören seit der Wahl von Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten auch im Europäischen Parlament zum Standardrepertoire. Dabei verfolgen die Europaabgeordneten im Umgang mit China einen durchaus mit demjenigen von Trump vergleichbaren Kurs. Am Dienstag hat sich der Handelsausschuss des Europaparlaments mit klarer Mehrheit dafür ausgesprochen, den EU-Markt so weit wie eben möglich gegen die vermeintliche Billigkonkurrenz aus China abzuschotten. Die EU soll künftig aus einer ganzen Reihe von Gründen, von Verstößen gegen Arbeitsschutz- und Umweltstandards über die Verzerrung von Preisen und Herstellungskosten durch staatliche Eingriffe bis hin zur Diskriminierung ausländischer Unternehmen Strafzölle verhängen dürfen.

Das Europaparlament geht damit spürbar über einen von der Europäischen Kommission im Herbst des vergangenen Jahres vorgelegten Vorschlag für neue Anti-Dumping-Regeln hinaus. Die Behörde hat nur Strafzölle auf staatliche Verzerrungen von Preisen und Herstellungskosten vorgeschlagen. Die neuen Regeln gelten formal für alle Drittstaaten. Tatsächlich handelt es sich dabei um eine speziell für China vorgelegte Regelung ("Lex China"). Die EU muss das Land, wie in seinem Beitrittsprotokoll zur Welthandelsorganisation (WTO) festgeschrieben, eigentlich schon seit Ende des vergangenen Jahres formal als Marktwirtschaft einstufen. Das würde es ihr ohne die neuen Anti-Dumping-Regeln stark erschweren, mit Strafzöllen auf die häufige chinesische Praxis, also das Verkaufen von Produkten unter den tatsächlichen Herstellungskosten, zu reagieren.

Der SPD-Europaabgeordnete und Vorsitzende des Haushaltsauschusses, Bernd Lange, sagte nach dem Votum: "Wir brauchen einen funktionierenden Handelsschutz - und zwar vor allem für den Erhalt und Ausbau von nachhaltigem Wachstum und guten Arbeitsplätzen in der EU." Zentraler Aspekt der neuen Regeln sollten Länderreports werden. Diese sollen detailliert darlegen, ob in einem Land oder wirtschaftlichem Sektor marktwirtschaftliche Verhältnisse oder unlautere Bedingungen herrschen. "Noch vor anderthalb Jahren sah es so aus, als könne sich die EU zu Schritten, wie wir sie jetzt unternehmen, nicht aufraffen", sagte Reinhard Bütikofer (Die Grünen). Doch die chinesischen Dumping-Exporte und ein wirksames Bündnis zwischen Industriebranchen, Gewerkschaften und dem Europäischen Parlament habe die EU auf einen guten Weg gebracht.

Lange bezeichnete das klare Votum des Handelsausschusses mit 33 Jastimmen bei 3 Neinstimmen und zwei Enthaltungen als "starkes Zeichen" an die Mitgliedstaaten. Bevor die Reform der Anti-Dumping-Regeln in Kraft treten kann, muss sich das Europaparlament mit dem EU-Ministerrat, dem Gremium der Mitgliedstaaten, auf eine gemeinsame Linie einigen. Der Ministerrat hatte sich im Mai weitgehend hinter den weniger protektionistischen Kommissionsvorschlag gestellt. Unklar ist zudem noch, ob die neuen Regeln überhaupt mit WTO-Recht vereinbar sind. China hat bereits eine Klage vor der WTO eingereicht."

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH