Trotz massiver Widerstände aus dem Europäischen Parlament hat die EU-Kommission ihren Vorschlag zur überarbeiteten Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) im Kfz-Sektor angenommen. Neuwagen und Autoreparaturen sollen, so die EU-Kommission, dank eines einfacheren Rechtsrahmens billiger werden. Die bisherige GVO habe sich als zu kompliziert und restriktiv erwiesen und indirekt die Vertriebskosten in die Höhe getrieben, auf die durchschnittlich 30 Prozent des Preises eines Neufahrzeugs entfallen würden, hieß es.
Besondere Anreize für den Vertrieb mehrerer konkurrierender Marken wie 2002 wird es nicht mehr geben. Künftig können Herstellern ihren Händlern wieder vorschreiben, nur eine Marke zu verkaufen. Die Behörde setzt sich damit über Bedenken aus dem Europaparlament hinweg, das befürchtet, die Einschränkung des Mehrmarkenvertriebs bedrohe die ökonomische Handlungsfähigkeit der Händler. Die Ende April verabschiedete Resolution, mit der die Abgeordneten den europäischen Händler in wichtigen Vertriebs- und Serviceaspekten den Rücken gestärkt hatten, fand leider keinen wesentlichen Einzug in die neue Verordnung. Gestrichen sind außerdem sektorspezifische Klauseln, die sich u.a. auf Vertragskündigung, Übertragung von Unternehmen, die Schlichtung von Streitigkeiten oder Gerichtsverfahren beziehen. Dieses Streichen von Schutzklauseln verschafft den Kfz-Herstellern mehr Spielraum bei der Organisation ihrer Netze und schwächt die Unabhängigkeit von Händlern.
Durch die neuen Regeln wird allerdings der Zugang von Werkstätten zu nicht markengebundenen Ersatzteilen und technischen Informationen verbessert. Dies ist insofern wichtig, da Werkstätten dadurch mehr Möglichkeiten zu eignen Aktivität erhalten. Kfz-Herstellern ist es nicht mehr möglich, ihre Gewährleistungspflicht davon abhängig zu machen, dass Wartungsleistungen wie beispielsweise Ölwechsel nur in zugelassenen Werkstätten durchgeführt werden. Gleichwohl bleibt es Kfz-Herstellern unbenommen zu verlangen, dass unter die Gewährleistung fallende Reparaturen, für die sie selbst aufkommen müssen, nur von Vertragswerkstätten vorgenommen werden.
Die EU-Kommission wird nach einer Übergangszeit von drei Jahren die Regelung noch einmal überprüfen, allerdings mit dem klaren Ziel, sich von einer spezifischen Kfz-Regulierung zu verabschieden. Ab 1. Juni 2013 soll dann der Markt für den Kfz-Vertrieb genauso behandelt werden wie alle anderen Märkte – er schlüpft also unter die so genannte "Schirm-GVO".
Die neuen Regeln in Bezug auf die Märkte für Reparatur- und Wartungsdienstleistungen treten am 1. Juni 2010 in Kraft.