Niedersächsischer Umweltminister Sander missachtet das Recht und stellt Interessenspolitik vor Gesundheitsschutz.

Zuerst konnte ich es gar nicht glauben, so der Burgdorfer SPD-Vorsitzende und ehemalige Europaabgeordnete, dass ein Umweltminister einen notwendigen Aktionsplan zur Reduzierung der Feinstaubbelastung für Burgdorf (B 188) zum Schutz der menschlichen Gesundheit über den Haufen wirft und damit EU-Recht mißachtet.

Lange war in seiner Zeit als EU-Abgeordneter im Umweltausschuss maßgeblich mit der Erstellung der EU-Gesetzgebung zur Luftreinhaltung befasst (Luftqualitätsrahmenrichtlinie (1996/62/EG) und Tochterrichtlinien (1999/30/EG; 2000/69/ EG; 2002/3/EG; 2004/107/EG). In der deutschen Umsetzung des EU-Rechtes, so Lange, ist mit der 22. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes auch noch einmal als überwiegendes Schutzziel der Schutz der menschlichen Gesundheit festgestellt worden. Die Immissionsgrenzwerte müssen eingehalten werden und sind für Personen, die sich nicht nur vorübergehend im Einwirkungsbereich aufhalten, einklagbar. Sie sind bürgerwirksame Außennormen. So müssen die Grenzwerte hinsichtlich PM10 (Feinstaub) ab dem 1.1.2005 eingehalten werden. In langfristig angelegten Luftreinhalteplänen und in kurzfristig wirkenden Aktionsplänen sind Maßnahmen gegen die Luftverunreinigungen zu entwickeln.

Am 26. Mai 2004 hat das Bundesverwaltungsgericht ein bemerkenswertes Grundsatzurteil zur Einhaltung der durch die 22. BImSchV2 normierten Grenzwerte von PM10 erlassen. Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass eine Überschreitung von Grenzwerten der 22. BImSchV nicht erst dann vorliege, wenn die Grenzwerte in einem Gebiet oder Ballungsraum flächendeckend oder im Durchschnitt überschritten sind, sondern wenn sie lokal überschritten werden. Insofern ist völlig klar, dass im Aktionsplan Maßnahmen ergriffen werden müssen, die die Einhaltung der Schutzziele lokal und unmittelbar sicherstellen. Es geht nicht um abstrakte Verkehrspolitik oder um Luftreinhaltepolitik in einigen Jahren, betont Lange, sondern es geht um den Schutz der Gesundheit der Anwohner und Kunden im Bereich der B188 jetzt! Über die Folgen gerade von feinen Rußpartiklen hinsichtlich Atemwegserkrankungen und Krebsrisiken ist ja nun weiß Gott genug geforscht worden. Und Gesundheitsschutz kann für die B 188 in Burgdorf aufgrund des Hauptverursachers Verkehr nur schwerpunktmäßig verkehrslenkende Maßnahmen bedeuten.

Übrigens beschreibt die Luftqualitätsrahmenrichtlinie sehr klar die Rolle von Aktionsplänen: Die Mitgliedstaaten erstellen Aktionspläne, in denen die Maßnahmen angegeben werden, die im Fall der Gefahr einer Überschreitung der Grenzwerte und/oder der Alarmschwellen kurzfristig zu ergreifen sind, um die Gefahr der Überschreitung zu verringern und deren Dauer zu beschränken. Diese Pläne können, je nach Fall, Maßnahmen zur Kontrolle und, soweit erforderlich, zur Aussetzung der Tätigkeiten vorsehen, die zu einer Überschreitung der Grenzwerte beitragen, einschließlich des Kraftfahrzeugverkehrs.

Es gibt Beispiele aus Berlin, wo exemplarisch gezeigt wird, wie man mit einer einzigen verkehrsbeschränkenden Maßnahme (Durchfahrtsbeschränkung für LKWs ohne Partikelfilter) die Einhaltung des Tagesmittelwertes erreichen kann oder diesem Ziel sehr nahe kommt.

Umweltminister Sander versucht hier wiederum, Recht und Gesetz nach Gutsherrenart auszulegen. Da sind alle gefordert, Einhalt zu erzwingen.