Viele Anleger haben ihr Vertrauen in das Finanzsystem verloren. „Innovative Finanzprodukte“, die selbst für Experten undurchschaubar waren, führten zu einem Desaster an den internationalen Finanzmärkten. Wie lässt sich der Finanzkapitalismus zähmen, welche Rolle spielt Europa und wie kann der Verbraucher vor dem Verlust seiner Ersparnisse geschützt werden? Fragen, die Bernd Lange, Europakandidat sowie Wirtschafts-, Arbeits- und Umweltexperte beim DGB, in einem Vortrag in der Begegnungsstätte der Arbeiterwohlfahrt in Hannover erörterte.

Europäische Finanzaufsicht einführen

„Europaweite Regulierungen des Finanzsystems sind mehr als überfällig“, betonte der 53-Jährige. Der Wirtschaftsexperte erinnerte daran, dass die SPE-Fraktion im Europäischen Parlament bereits im August 2007 Ansätze zur Regulierung des Finanzmarktes entwickelt habe. Dagegen seien Konservative und Liberale Sturm gelaufen. Heute müssten selbst Konservative eingestehen, dass der Turbokapitalismus versagt habe. „Der globale koordinierte Rettungsschirm für das Finanzsystem war richtig“, stellte Bernd Lange gleich zu Beginn fest. Das Finanzpaket stabilisiere das System. „Aber“, so warnte der Experte, „es ist zwingend notwendig, einen „TÜV“ für innovative Finanzprodukte einzuführen, Steueroasen auszutrocknen, Finanzspekulationen zu begrenzen, Einlagen zu sichern und die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute zu stärken.“ Finanzprodukte müssten den Kunden transparent gemacht, eine persönliche Haftung der Handelnden umgesetzt und eine Europäische Finanzaufsicht eingeführt werden. „Es kann nicht sein“, rief Lange den Anwesenden empört zu, „dass Banker hemmungslos zocken und die Realwirtschaft in der EU gefährden.“ Das Verhältnis von Staat und Markt müsse neu formuliert und eine weltweite Bankenaufsicht zur Regulierung eingeführt werden.

Chance den Finanzkapitalismus neu zu ordnen

Nach einem gut einstündigen Vortrag beantwortete Bernd Lange die Fragen der Anwesenden. Ging beispielsweise darauf ein, wie sich die heimische Wirtschaft ankurbeln lasse. Er plädierte für eine ökologische Modernisierung der Wirtschaft. „Wir müssen die Energieeffizienz steigern und den Einsatz von erneuerbaren Energien verstärken“, führte Lange aus. Um die konjunkturellen Folgen der Finanzkrise abzufedern, müsse es beispielsweise ein Investitionsprogramm in Bildungsinfrastrukturen sowie Gebäudesanierung geben. Das stütze die heimische Wirtschaft vor Ort. Die Finanzkrise, darin waren sich alle Anwesenden einig, ist noch lange nicht vorüber. Aber, und das war die Botschaft des Abends, aus der akuten Finanzkrise lassen sich Lehren ziehen. „Wir haben die Chance, den Finanzkapitalismus neu zu ordnen und die Weichen für einen ökologischen Umbau der Weltwirtschaft stellen“, sagte Lange in einem Schlusswort. Die Zuhörer dankten mit lang anhaltendem Applaus.