Europäische Gewerkschaften, unter ihnen der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften, demonstrierten in Straßburg für ein sozialeres Europa. Anlass waren die Abstimmungen über die Gesetzgebungen im Europäischen Parlament zu den Europäischen Betriebsräten und zur Arbeitszeitrichtlinie. Der niedersächsische SPD-Spitzenkandidat für Europawahlen Bernd Lange unterstreicht nachdrücklich das Anliegen der Gewerkschaften: „ Wenn die EU die sozialen Rechte nicht entschiedener vertritt, verliert sie die Zustimmung der Menschen. Das Europäische Parlament steht vor einer großen Bewährungsprobe.“ Bei der Neufassung der Arbeitszeitrichtlinie geht es darum, ob die durchschnittliche Höchstwochenarbeitszeit von 48 Stunden aufgeweicht wird.

Angedacht sind Ausnahme-Regelungen für einzelne Mitgliedsländer. Bei Zustimmung der Arbeitnehmer soll eine 60-Stunden-Woche möglich sein. Erst wenn 60 Stunden überschritten werden, gibt es eine entsprechende tarifvertragliche Regelung. Lange weist diesen Ansatz scharf zurück: „Mit den Gewerkschaften und den Sozialdemokraten gibt es keinen Einstieg in die 60-Stunden-Woche. Das ist mit dem Arbeitnehmerschutz nicht zu vereinbaren“. Außerdem müsse der Bereitschaftsdienst, einschließlich der inaktiven Zeit, als Arbeitszeit angerechnet werden. Es sei denn, die Mitgliedstaaten oder Tarifpartner sehen etwas anderes vor.

Stärkung der Europäischen Betriebsräte zwingend erforderlich

Die Novellierung der Richtlinie über Europäische Betriebsräte ist seit 1999 überfällig. Die EU-Kommission hat einen Vorschlag mit marginalen Verbesserungen vorgelegt, der aber den Anforderungen eines Binnenmarktes mit vielfältigen Standortverlagerungen nicht hinreichend gerecht wird. Lange macht deutlich, dass eine Stärkung der Eurobetriebsräte für ein soziales Europa zwingend erforderlich ist. „Nötig sind“, so Lange, „die Ausweitung der Unterrichtungs- und Anhörungsrechte der Betriebsräte, die Einführung von klaren Sanktionen bei Nichtbeachtung der Regelungen, eine eindeutige Abgrenzung und Sicherung des Zuständigkeitsbereichs der Europäischen Betriebsräte sowie eine Stärkung der Rolle der Gewerkschaften bei Gründung eines Eurobetriebsrates.“ Nur in etwa einem Drittel der Betriebe, in denen Eurobetriebsräte sinnvoll wären, gebe es welche. Der Europakandidat hofft, dass das Europäische Parlament in den nächsten Tagen ein deutliches Signal für den sozialen Fortschritt setzt. „Die Erfahrungen der letzten Wochen machen deutlich“, so Lange, „dass der freie Markt nicht alles regeln kann und vernünftige Regulierungen zum Schutze der Arbeitnehmer die Voraussetzung für eine solidarische Erneuerung der EU sind.“ In der EU gibt es etwa 820 Europäische Betriebsräte, die 14,5 Millionen Arbeitnehmer vertreten.