Am 22. März 2010 fand im Verdener Hotel "Niedersachsenhof" eine gemeinsame Konferenz des SPD-Gewerkschaftsrates im Landkreis Verden, der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) sowie des SPD-Kreisvereines Verden mit dem für den Landkreis Verden zuständigen SPD-Europaabgeordneten Bernd Lange (Hannover) statt.

Das Referat des SPD-Europaparlamentariers Bernd Lange stand unter dem Motto "Gute Arbeit - Fairer Lohn: Für verbindliche Tariftreue bei Auftragsvergaben der öffentlichen Hand und Mindestlöhne in Deutschland und Europa". Lange forderte, angesichts des schon jetzt erschreckenden Ausmaßes an Armut von arbeitenden Menschen und der bevorstehenden Öffnung des Arbeitsmarktes in Deutschland für ausländische ArbeitnehmerInnen endlich angemessene und allgemein verbindliche Mindestlöhne einzuführen. Hierbei verleugnen CDU/CSU und FDP ihre Verantwortung als Bundesregierung, wenn sie dies weiter blockieren.

Lange sprach sich dafür aus, wie in anderen EU-Mitgliedsstaaten erfolgreich praktiziert, das europäische Entsendegesetz auf alle Branchen auszudehnen, damit alle ArbeitnehmerInnen in den Genuss der europäischen Regeln zum Schutz von Tarifen und Arbeitsbedingungen kommen.

Auch die Änderung der Europäischen Entsenderrichtlinie zu forcieren und ein einheitliches Tariftreuerecht in Deutschland zu schaffen, hält der SPD-Politiker für enorm wichtig, damit das europäische Vergaberecht mit der Möglichkeit, ortsübliche Tarife bei der öffentlichen Auftragsvergabe zu schützen, endlich voll zur Anwendung kommen kann.

Bernd Lange warb auch dafür, Lohndumping durch Zeit- und Leiharbeit dadurch zu vermeiden, dass die Gleichbehandlng von Leiharbeitern und fest Beschäftigten vom ersten Tag an gilt, wie vom Europäischen Parlament bereits Ende 2008 beschlossen, Dieser Grundsatz muss in Deutschland durch eine erneute Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes endlich in die Realität umgesetzt werden, betonte Europaparlamentarier Lange in der von Gwendolin Jungblut moderierten Konferenz.

Bernd Lange ist auch dafür, zur Verhinderung von schädlichem Steuerwettbewerb und des Verlustes von nationaler Finanzhoheit eine europaweit einheitliche Bemessungsgrundlage für Unternehmenssteuern einzuführen. "Wir wollen Mindessätze für die Unternehmensbesteuerung. Auch hier müssen die Grenzen in Europa überwunden werden", erklärte Lange. Darüber hinaus werden die SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament sich für eine Korrektur des Ratskompromisses zur Arbeitszeitrichtlinie einsetzen, um über gleiche Arbeitsnormen in allen EU-Staaten weitere Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern.

Das frühere niedersächsische Vergabegesetz, unter Ministerpräsident Sigmar Gabriel verabschiedet, nannte Bernd Lange vorbildlich. Leider sei dieses unter der Regierung Wulff total verwässert worden. Lange machte jedoch auch deutlich, dass die Kommunen schon jetzt einen Gestaltungsrahmen bei Auftragsvergaben haben und rief die anwesenden Kommunalpolitiker auf, diesen besser zu nutzen. Seitens der Gewerkschaften kann sich der SPD-Politiker vorstellen, über ein erstmaliges Bürgerbegehren auf EU-Ebene, wozu eine Million Unterschriften benötigt werden, Reformen bei Tariftreue und Mindestlöhne in Deutschland und Europa entscheidend voranzubringen.

In der anschließenden Debatte kritisierte die Betriebsratsvorsitzende der Aller-Weser-Klinik, Eva-Maria Hibbeler, den verstärkten Trend zu Dumpinglöhnen im Pflegebereich und rügte, dass hier durch das zögerliche Verhalten der Bundesregierung die Verhandlungen über Mindestlöhne ins Stocken geraten sind. Die negativen Folgen tragen vor Ort die MitarbeiterInnen in der Pflegebranche sowie die Betreiber von Pflegeeinrichtungen, die tarifgerecht zahlen.

Auch die SPD-Kreistagsabgeordneten Heiner Falldorf (Dörverden) und Heinz Möller (Verden) unterstrichen, dass Deutschland ein europataugliches Arbeits- und Sozialrecht braucht. Das gilt erst recht angesichts der rund 4,5 Millionen Beschäftigten, die in Deutschland für weniger als 7,50 Euro die Stunde arbeiten müssen, so Falldorf. Nach Möllers Worten sind sogar unter den Vollzeitbeschäftigten 2,5 Millionen Menschen von Armut bedroht. Daraus ist zu ersehen, dass Deutschland trotz seiner starken Wirtschaftskraft beim sozialen Schutz in Europa Nachholbedarf hat.