Eine deutliche Schwächung der Arbeitsfähigkeit des Europäischen Parlaments befürchtet Bernd Lange nachdem fünf der acht Bundesverfassungsrichter die Fünf-Prozent-Sperrklausel im Europawahlrecht gegen ein Sondervotum der Richter Di Fabio und Mellinghof am Mittwoch für verfassungswidrig erklärt haben.

"Wie folgenreich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist, wird nach den nächsten Europawahlen, allen deutlich werden", warnt Bernd Lange. Lediglich die beiden Richter Di Fabio und Mellinghof hätten ausweislich ihres Sondervotums begriffen, dass das Europäische Parlament stabile und arbeitsfähige Mehrheiten braucht, damit es gerade vor dem Hintergrund des Vertrags von Lissabon seiner gewachsenen politischen Verantwortung angemessen nachkommen kann. Wenn die großen politischen Richtungen aber in Zukunft nicht klar sind, so werde in Folge auch der Wiedererkennungswert für den Wähler sinken.
Zu erwarten ist mit dem Wegfall der Fünf-Prozent-Sperrklausel eine weitgehende Zersplitterung des deutschen Kontingents der im Europäischen Parlament vertretenen Parteien: „Das Urteil wird letztendlich den Einfluss der deutschen Delegationen im Parlament gravierend mindern, wenn die Abgeordneten in ihren eigenen Fraktionen über ein deutlich vermindertes Stimmgewicht verfügen werden", so Bernd Lange. Denn bisherige Erfahrungen hätten bereits gezeigt, dass Splitterparteien im Europäischen Parlament sich meist keiner Fraktion anschließen und somit bei der politischen Gestaltung keine Rolle spielten. Die unterschiedliche Beurteilung der Fünf-Prozent-Klausel für die Bundestags- und Landtagswahlen einerseits und den Wahlen zum Europäischen Parlament andererseits bezeichnet Bernd Lange als dürftig: "Das Bundesverfassungsgericht wendet irreführende Vergleiche an und nimmt stattdessen eine Funktionsbeeinträchtigung des Europaparlaments in Kauf. Die Mehrheit des Bundesverfassungsgerichts hat immer noch nicht begriffen, dass das Europäische Parlament Gesetzgeber ist."