Neuer Kommissionspräsident distanziert sich von außergerichtlichen Konzernklage.

Die umstrittenen Investorschutzklauseln, die außergerichtliche Konzernklagen im Rahmen der zurzeit verhandelten transatlantischen Handelsabkommen ermöglichen würden, rücken in immer weitere Ferne.

In seiner Antrittsrede hat sich der neue EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Mittwoch vor dem Europäischen Parlament in Straßburg von den umstrittenen ISDS-Klauseln distanziert. Es waren die europäischen Sozialdemokraten, die zuvor eine Stellungnahme Junckers dazu gefordert hatten. Die designierte Handelskommissarin Cecilia Malmström hatte sich bei diesem Punkt während ihrer Anhörung vor den Abgeordneten in Widersprüche verstrickt.

Bernd Lange, SPD-Europaabgeordneter und Vorsitzender des Handelsausschusses im Europäischen Parlament: "Herr Juncker spürt den Druck, den wir Sozialdemokraten im Europaparlament aufgebaut haben. Anders kann ich mir seine Aussage, dass im Verhandlungsmandat für das Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten keine Verpflichtung für die umstrittenen Investorschutzklauseln besteht, nicht erklären. Das ist eine klare Kurskorrektur gegenüber dem bisherigen Verhandlungsverlauf. Dennoch hätte ich mir ein eindeutigeres Zeichen gewünscht, dass für dieses Instrument im 21. Jahrhundert kein Platz mehr ist.“

Außergerichtliche Streitschlichtungsverfahren, wie im Text zum Handelsabkommen mit Kanada (CETA) vorgesehen und in den Verhandlungen zum Handelsabkommen mit den USA (TTIP) angedacht, sind für die Sozialdemokraten und weite Teile des Europäischen Parlaments nicht akzeptabel. Bernd Lange: „Als demokratisches Gewissen der europäischen Handelspolitik haben wir im Parlament längst Stellung gegen ISDS-Klauseln bezogen. Der nun angekündigte Paradigmenwechsel macht unseren Einfluss auf die Verhandlungen offensichtlich: wir sitzen nicht an der Seitenlinie, sondern sind spielbestimmend in Fragen des Verbraucherschutzes und der Arbeitnehmerrechte.”

Trotz des grundsätzlich positiven Signals kritisiert Bernd Lange allerdings Junckers Versuch, sich selbst vorzeitig aus der Schusslinie zu ziehen: „Herr Juncker darf weder Verantwortlichkeiten verwechseln, noch sich bei strittigen Fragen einen schlanken Fuß machen. Als Chef der EU-Kommission muss er seine Mannschaft im Griff haben und am Ende des Tages für jegliche Entscheidung gerade stehen.“

Jean-Claude Juncker hatte in seinen Ausführungen zu den ISDS-Klauseln versucht, die Verantwortung in dieser entscheidenden Frage auf den sozialdemokratischen Vize-Kommissionspräsidenten Frans Timmermanns zu schieben. Bernd Lange: „Für Handelspolitik ist nun mal die Handelskommissarin Cecilia Malmström verantwortlich. Die Richtlinienkompetenz darf sich Juncker aber nicht beliebig zu- und wieder absprechen, wie es ihm gerade passt.“